Jetzt mal Hand auf’s Herz – so habe ich mir das ehrlich gesagt nicht vorgestellt, als ich vor ziemlich genau einem Jahr den sicheren Hafen des Angestelltenverhältnisses gegen die raue See der Selbstständigkeit und die wachsende Ellenbogengesellschaft „da draußen“ getauscht habe. Voller Optimismus, Enthusiasmus und getrieben von dem Ehrgeiz die DMC-Welt in Schottland zu revolutionieren. Was konnte schon schiefgehen.
Sie ahnen auf was ich hinaus will?
Genau – und dann kam Corona. Hallo hier bin ich und ich bleib jetzt ein Weilchen. Das dauert inzwischen fast ein halbes Jahr an und wird wohl auch noch ein paar Monate andauern, wenn wir mal realistisch sind. Was ich dagegen tun kann? Nichts. Ich kann das Beste draus machen, produktiv bleiben und die gewonnene freie Zeit für andere Dinge nutzen. Anfangs habe ich versucht Kontakt zu Kunden und Partnern zu halten. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass viele von denen in Kurzarbeit gegangen sind oder wie hier in Schottland „furloughed“ wurden und man in den wenigsten Fällen jemanden erreicht. Hinzu kommt, dass gerade Agenturinhaber/-innen gerade andere Dinge im Kopf hatten und haben und die deutsche Mentalität ein wenig anders ist als die britische. Denn hier in Schottland plaudert man durchaus gerne auch „einfach mal so“.
Also musste ich mir andere Dinge suchen, um mich und vor allem mein Gehirn zu beschäftigen. Ich las Bücher von interessanten Persönlichkeiten und über Resilienz (an dieser Stelle kann ich das Buch von Jochen Schweizer „Der perfekte Augenblick“ sehr empfehlen), bildete mich im Bereich Marketing ein wenig weiter und ich habe meine zweite Leidenschaft, das Handwerken, für mich entdeckt.
Dennoch ist der Fakt nicht von der Hand zu weisen, dass Corona uns und unsere DMC – 360 Scotland – getroffen hat. Events wurden nicht nur verschoben, sondern zum Großteil abgesagt. Von neuen Anfragen ganz zu schweigen. Wir legen unseren Fokus auf Firmenevents wie Meetings, Konferenzen und Incentive Reisen für Kunden aus dem Ausland in Schottland. Kein Kunde möchte derzeit das Risiko eingehen ein Event im Ausland abzuhalten und sich dann entweder zu infizieren oder bei Rückkehr spontan in Quarantäne zu müssen, weil sich Auflagen ständig ändern. Nachvollziehbar. Was ich jedoch nicht ganz nachvollziehen kann, ist wie z.B. Hotels – und da spreche ich für Schottland – und andere Partner aus der Lieferkette der Eventbranche komplett schließen können ohne ihr Telefon/E-Mails auf zumindest eine Person umzuleiten. Man erreicht teilweise seit Monaten keinen und wendet sich bei Anfragen entsprechend an andere Lieferanten, die erreichbar sind und von denen man eine Rückmeldung bezüglich Verfügbarkeiten und Raten erhält. So entgehen einigen Businesses Anfragen und Aufträge für 2021 und danach. Aufträge, die doch dringend nötig werden.
Aber einen Trend sehe ich doch. Den Trend, dass sich Wettbewerber und unterschiedlichste Akteure aus der Eventbranche zusammentun und miteinander arbeiten. Noch nie habe ich so viele inspirierende, ehrliche und herzergreifende Gespräche geführt wie in den letzten Monaten. Es tut sich etwas in der Branche – miteinander statt gegeneinander. Synergien nutzen, den aktiven Austausch suchen, gemeinsam „spinnen“, Ideen entwickeln und Leistungskataloge erweitern, gemeinsam Netzwerke schaffen und ausbauen. Viele Branchen-Kollegen verlassen ihre starren Muster, ob gewollt oder nicht und lassen sich auf Neues ein. Sie wissen gar nicht wie sehr ich diese Entwicklung schätze und ich hoffe, dass dieser Trend anhält. Wenn wir das jetzt noch auf unsere Kunden übertragen können, wäre das eines meiner persönlich größten Erfolge die ich aus der Coronazeit mitnehmen kann.
Neben diesen positiven Gesprächen und dem Start einiger Kooperationen, die gut für das Gemüt sind und auf für das Gehirn brauchte ich dennoch eine „Aufgabe“ – ein Projekt! *Yippiejaja-yippie-yippie-yeah*
Und so, wie bereits erwähnt, habe ich die Leidenschaft für’s Handwerken für mich entdeckt, denn ich habe definitiv auch ein Händchen für Holz. Früher schon in der Schule in der Schnitz-AG. Ich flog also zurück nach Deutschland, um mich dem Projekt „Zaunbau“ anzunehmen da bei uns regelmäßig Rehe im Grundstück standen und meine Mutter besorgt um ihre Blumenpracht war…
Ich muss sagen, so organisiert und strukturiert ich an die Planung von Events herangehe, so naiv und blauäugig gehe ich teilweise bei privaten Projekten vor. Wussten Sie, dass es Jägerzaune gibt, deren vordere Latten nach links gerichtet sind und welche, deren Latten nach rechts gehen? Nein? …Ich auch nicht! Sind die miteinander kompatibel? Nope…
Aber 2 Wochen später stand der neue Zaun in seiner vollen Pracht. Und ich bin jetzt Profi im Fundament setzen, Schlagbohrer bedienen, ich besitze die Fähigkeit die „Waagerechte“ mit bloßem Auge zu erkennen und ich habe gelernt, dass man Schrauben, die man gerade herausgedreht hat nicht mit dem Mund halten sollte, weil heiß. Die Zaunfelder, die nicht so wollten wie ich wollte wurden ausgetauscht und der Zaun erstrahlt nun in einem edlen Palisander Ton – neben den Büschen und Bäumen, die beim Ansprühen im Weg standen. Ging schneller als Pinseln. Nebenbei hat sich der hiesige Baumarkt eine goldene Nase verdient und ich als Rotschopf bin für meine Verhältnisse sehr braun! Fast so wie ein paar Wochen Strandurlaub. Oder liegt das noch immer an der Holzlasur…
Nunja, Corona wird uns alle noch eine Weile beschäftigen. Man kann den Kopf in den Sand stecken oder man kann die Zeit effektiv nutzen, um an Kooperationen für die Zukunft zu arbeiten und Dinge zu machen, für die man sonst die Zeit nicht hat. Dazu ein gewisser Sinn für Humor mit einer Prise Ironie und am Ende wird alles gut! (Und wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende!)
Wenn auch Sie am Köpfe-Zusammenstecken interessiert sind oder etwas „spinnen“ möchten, erreichen Sie mich am besten unter tina@360-scotland.com.