„Mein Führungsstil hat sich über die letzten Jahre sehr verändert. Das Wort „Team“ und „eigenverantwortliches Arbeiten“ ist stärker denn je in den Mittelpunkt gerückt.“

In der Kategorie Female Leaders stehen Frauen der MICE-Branche im Mittelpunkt. Dieses Mal: Frau Sandra Dreher,  VP Sales & Marketing bei Leonardo Hotels Central Europe.

Beschreiben Sie uns Ihre jetzige Position und den Weg, der Sie dorthin geführt hat.

Ich bin aktuell VP Sales & Marketing bei Leonardo Hotels Central Europe. Zu Leonardo Hotels stieg ich im Jahr 2007 ein, startete zunächst als Director Sales. Vorher war ich in diversen Unternehmen im Vertrieb tätig.

Meine Basis ist eine klassische Hotelausbildung sowie ein Studium. Nach dem Einstieg in den Vertrieb ging es für mich von Station zu Station und Schritt für Schritt auf der Karriereleiter immer weiter.  Wichtig war mir immer, nicht „schnelllebig“ von einer Position zur anderen zu wechseln, um der Position willen, sondern erst einmal viel für mich mitzunehmen und Knowhow für den nächsten Schritt aufzubauen. In meiner beruflichen Laufbahn habe ich gelernt, dass sich Beständigkeit am Ende immer auszahlt und fundiertes Wissen mit sich bringt. Jedes Unternehmen, in dem ich tätig war, hat mich positiv gefordert und gezielt gefördert.  Ich hatte das große Glück, in jedem Unternehmen „Role Models“ zu finden, die mich begleitet haben.

Was macht die MICE-Branche für Sie besonders spannend?

Leonardo
Sandra Dreher, heute VP Sales & Marketing bei Leonardo Hotels Central Europe, stieg 2007 als Director of Sales bei Leonardo ein und arbeitet sich konstant die Karriereleiter nach oben. Foto: Julia Nimke

In der MICE-Branche trifft sich die Welt! Sie ist unglaublich facettenreich, vielfältig und hat in den letzten Jahren eine enorme Entwicklung mitgemacht. Häufig wird sich auf das „M“ in MICE fokussiert – also Meetings – dabei ist dieser Umfang an Formaten und Inhalten, was es so spannend und zu einer unvergleichbaren Branche macht. Menschen, die in der MICE Branche aktiv sind, sind unglaublich begeisterungsfähig und verspüren Dynamik und Energie – es ist aktuell traurig zu sehen, wie diese Branche zu kämpfen hat und so wenig Gehör und die Aufmerksamkeit findet, die sie verdient. Die letzten Monate haben deutlich gezeigt, dass diese Branche lautere Stimmen benötigt. Dass sie kämpferisch ist und nicht aufgibt, hat sie schon häufig bewiesen.

Wo sehen Sie innerhalb der Branche die größten Hürden für Frauen?

Die größte Hürde liegt noch immer in der klassischen Rollenverteilung im Familienverbund. Es muss noch viel mehr passieren, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie möglich zu machen. Eine zentrale Aufgabe von Leonardo Hotels ist hier, Gleichstellung zu fördern und eine Karriereplanung unabhängig vom Geschlecht gleichberechtigt zu bieten.

Frauen sind leider auch bei ihren Karriereplanungen sowie in Verhandlungen noch immer zu zögerlich und nicht selbstbewusst genug, das Aufzeigen von Möglichkeiten einzufordern.

Hatten Sie in Ihrer bisherigen Laufbahn mit Vorurteilen zu kämpfen?

Ich bin in der schönen Lage zu sagen – nie. In allen Unternehmen, in denen ich tätig war, haben mich tolle Frauen und Männer positiv geprägt und unterstützt. Das Geschlecht war nie Grund für ein weniger oder mehr. Ich denke aber auch, dass dies sehr für die großartige Branche spricht, in der wir tätig sind – das Verständnis für Diversität muss nicht entwickelt werden, es ist einfach da und wird gelebt. Mitarbeiter aus der ganzen Welt arbeiten zusammen und gerade diese Vielfalt macht diese Branche aus. Pflegen wir also diese Vielfalt.

Wie würden Sie selbst ihren Führungsstil beschreiben und was ist Ihnen dabei wichtig?

Mein Führungsstil hat sich über die letzten Jahre sehr verändert. Das Wort „Team“ und „eigenverantwortliches Arbeiten“ ist stärker denn je in den Mittelpunkt gerückt. Mitarbeiter werden immer selbständiger in ihrer Arbeit und sind in immer wenigen Bereichen auf direkte und kontinuierliche Führung angewiesen. Hier nimmt die Komplexität zu, Kenntnisse und Wissen sind noch spezialisierter. Als Führungskraft ist es nicht mehr möglich, in allen Bereichen auch die beste Fachkraft zu sein. Für mich entwickelt sich Führung daher immer mehr zum zentralen Kern innerhalb des Teams, der dafür sorgt, dass alle KollegInnen ihre Aufgaben und Möglichkeiten erfüllen können.  Ebenso wichtig ist mir die Zusammenarbeit mit Personen, die ganz anders sind als ich und dadurch neue Anregungen und Ansätze aufkommen und so eine Ergänzung und Weiterentwicklung stattfindet.

Wer hat Sie auf Ihrem bisherigen (Lebens-) Weg inspiriert?

Es ist nicht die eine Person, die mich inspiriert hat – es sind die vielzähligen Persönlichkeiten unterschiedlicher Positionen, die ich auf meinem bisherigen beruflichen und privaten Weg kennenlernen durfte und die meinen Werdegang geprägt haben.  Das Wichtigste für mich: Mutig zu sein für Neues, nicht immer gleich „Nein“ zu sagen und nach dem „Aber“ zu suchen, neu zu denken und nicht stehenbleiben.

Was würden Sie Kolleginnen am Anfang ihrer Karriere mit auf den Weg geben?

Sichtbar zu sein und Input, Ansicht und Meinung zu präsentieren und auch dafür einzustehen – auch wenn dies manchmal unbequem sein kann. Erfolge kommunizieren und Entwicklungs- sowie Karriereambitionen klar signalisieren und nicht darauf warten, dass Erfolge gesehen und honoriert werden. Durch Zurückhaltung macht man keine Karriere. Das Allerwichtigste:  Vertrauen in sich selbst. Frauen wissen sehr viel besser, sich zu reflektieren und für sich klar zu benennen, wo sie sehr gut sind und wo Entwicklung noch nötig ist.  Das sollte einen tragen – leider steht manchmal der eigene Anspruch im Weg. Nicht aufgeben, wenn mal etwas nicht gelingt, sondern aufstehen und direkt neu loslegen.

Welche positiven Eigenschaften besitzen Frauen am Arbeitsplatz, aus denen wir alle mehr machen sollten?

Kommunikationsfähigkeit und Netzwerken sind Stärken, die sehr viel mehr eingesetzt werden sollten. Auch wenn es das klassische Klischee bedient – Frauen sind multitaskingfähig, also ganz klar sehr viel besser darin, verschiedene Aktionen und Dinge parallel im Blick zu behalten. Diese Flexibilität und Vielfalt zu zeigen und überall wo nötig einzusetzen, macht uns stärker.

Warum, glauben Sie, reden wir immer noch über Geschlechterungleichheit bei der Arbeit? Und warum, glauben Sie, entwickelt das Thema heute so eine Dynamik, vielleicht mehr als jemals zuvor?

Grundsätzlich ist es sehr bedauerlich, dass diese Diskussionen heute noch geführt werden und Frauen sich in vielen Bereichen ihre Position noch immer „erkämpfen“ müssen und wir Debatten über Frauenquoten führen. Häufig geht es noch immer um die Verteidigung eines uralten Männer-Status. Umdenken fällt noch immer schwer.  Auch wird weiterhin mit viel Klischee und Vorurteilen argumentiert. Corona hat uns leider ebenso aufgezeigt, dass es wieder „Frau“ ist, die zurücksteckt für die Organisation der Familie. Die Diskussionen und Dynamik sind wichtig, um sichtbar zu machen, was durch stärkere Diversität gewonnen wird und werden kann.