Die im Forum Veranstaltungswirtschaft kooperierenden Wirtschaftsverbände sind erleichtert, dass Bund und Länder nun endlich Öffnungsschritte zurück in die Normalität beschlossen haben. Diese sind für die Veranstaltungswirtschaft aber bei weitem nicht der erwartete wirtschaftliche Befreiungsschlag. Die am 16. Februar von den Ministerpräsidenten der Länder und des Bundeskanzlers gefassten Beschlüsse sehen eine stufenweise Öffnung in drei Schritten vor. Änderungen für die Veranstaltungswirtschaft bringt erst der zweite Schritt, mit dem ab dem 4. März bei Indoor-Veranstaltungen die Auslastung bis zu 60 % und maximal 6.000 Zuschauer sowie bei Außenveranstaltungen bis zu 75 % und maximal 25.000 Besucher betragen darf. Ab 20. März sollen alle „tiefgreifenderen Schutzmaßnahmen“ entfallen und dann nur noch „niederschwellige Basisschutzmaßnahmen“ gelten.
Leider lassen diese Begriffe aus Sicht des Forums Veranstaltungswirtschaft wichtige Fragen offen. Dazu zählt insbesondere die Definition der Begriffe ‚tiefgreifend‘ und ‚niederschwellig‘. Auf der Webseite der Bundesregierung findet sich bereits die Einschränkung, dass die ‚strengeren‘ Schutzmaßnahmen (lediglich) ‚weitgehend’ zurückgenommen werden. Zwar werden Kapazitätsbeschränkungen hier beispielhaft erwähnt, aber die Einschränkung lässt den tatsächlichen Umfang der Rücknahme leider offen. „Sollte das bedeuten, dass Kapazitätsbeschränkungen vielleicht lediglich reduziert aber grundsätzlich fortbestehen werden, wäre jedenfalls die Veranstaltungsbranche von einem ‚Freedom Day’ nach wie vor weit entfernt.”, sagt Prof. Jens Michow, Präsident des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft (BDKV) e. V. „Wirtschaftlichkeit setzt voraus, dass wir zumindest die Chance haben, bei 100 % Kosten auch 100 % Einnahmen zu erwirtschaften. Dazu müssen wir die Hallenkapazitäten voll nutzen können. Solange wir diese Chance nicht haben, lässt sich in unserem Wirtschaftsbereich auch weiterhin nicht von Normalität sprechen.“
„Der vorliegende Beschluss der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und des Bundeskanzlers bietet keine Planungssicherheit für die Veranstaltungswirtschaft, auch wenn wir den guten Willen dazu in dem Beschluss erkennen. Solange die Auftragsbücher nicht sicher voll werden, können sich die Unternehmer nicht aus der Corona-Starre befreien“, sagt Marcus Pohl, Vorsitzender des isdv e. V.
„Es muss jetzt sichergestellt werden, dass im Sommer Outdoor-Veranstaltungen ohne jegliche Beschränkungen stattfinden können. Dies schließt Stehplätze, ohne Maske, tanzen und feiern ein“, ergänzt Axel Ballreich, Vorsitzender des LiveKomm e. V. „Wenn wir diese Sicherheit nicht sofort erhalten, werden wir aus Fairness gegenüber unseren Gästen, aber auch im Interesse der Schadensminimierung Veranstaltungen bereits jetzt absagen müssen.“
„Es bleiben viele Fragen weiterhin offen: was passiert im Herbst, wenn die Inzidenz wieder steigt? Welche Hilfen werden auch für den Herbst weiterhin zur Verfügung stehen, sollten sie benötigt werden? Im Rahmen des aktuellen Temporary Framework der EU ist eine Verlängerung über den Juni hinaus nicht vorgesehen. Die Veranstaltungswirtschaft kann sich noch immer auf nichts verlassen und deshalb wird auch die Öffnung im März nicht das Wiederanfahren in allen Bereichen bewirken“, mahnt Linda Residovic, Geschäftsführerin des VPLT e. V.
Michael Kynast, Vorstand des FAMA e. V., fügt hinzu: „Überregionale Messen werden von der Lockerung nur bedingt profitieren können, da durch die Beschlüsse nicht geklärt wird, ob und wie ausländische Messebesucher und Messeaussteller Zugang zu den hiesigen Messeplätzen bekommen werden. Auch fehlt eine echte Perspektive.“
Ein weiteres Problem in den Formulierungen zeigt Timo Feuerbach, Geschäftsführer des EVVC e. V. auf: „Der schwammige Begriff der tiefgreifenden Beschränkungen lässt viel Spielraum für Spekulationen. Für unsere Häuser sind Kapazitätsbeschränkungen tiefgreifend. Ob das die Beschlüsse hergeben, konnte auch in der PK trotz direkter Frage nicht klargestellt werden. Darüber hinaus ist schon jetzt absehbar, dass die Bundesländer die Beschlüsse sehr unterschiedlich umsetzen werden. So etwas hilft nicht, sondern macht einen regulären Veranstaltungsbetrieb unmöglich.“