Frau Bauer, beschreiben Sie uns Ihre jetzige Position und den Weg, der Sie dorthin geführt hat.
Ich bin seit 2002 in der Meeting-, der Incentive-Reisen- und natürlich der Messebranche tätig, seit ich zum Familienunternehmen IMEX kam und Teil des IMEX Startteams für die erste IMEX in Frankfurt wurde (die 2003 stattfand). Dass ich so früh Teil des Ganzen wurde, war eine perfekte Basis, da ich so über die Jahre hinweg in alle Bereiche des Geschäfts involviert war. 2009 wurde ich, nachdem IMEX America ins Leben gerufen wurde, CEO der IMEX Group.
Vor 2002 arbeitete ich außerdem in unserem Familienunternehmen, das zu dieser Zeit eine kleine Coffee-Shop-Kette war und das wir 2001 verkauften.
Was macht die MICE-Branche für Sie besonders spannend?
Es gibt einige Gründe, warum ich das MICE-Geschäft mag. In erster Linie glaube ich, dass das Geschäft wirklich von Beziehungen lebt. Beziehungen und schließlich Freundschaften mit großartigen Menschen auf der ganzen Welt zu entwickeln, um Veränderungen und Innovationen in der Branche möglich zu machen, bedeutet wirklich Belohnung für mich.
Wo sehen Sie innerhalb der Branche die größten Hürden für Frauen?
Ich denke nicht, dass diese Grenzen wirklich genderspezifisch sind, glaube jedoch, dass sowohl Männer als auch Frauen in der Industrie großartige Beziehungen schließen und pflegen müssen, um Erfolg zu haben. Außerdem sollten sie sich im Hinblick auf die Events, die sie abhalten, gestalten oder unterstützen, darauf vorbereiten, strategisch und sorgfältig denken zu müssen, um sicherzustellen, dass ebendiese zielgerichtet sind und den Organisationszweck erfüllen. Ich denke das bringt persönlichen Erfolg und ist außerdem wichtig für eine dauerhaft gesunde Branche.
Hatten Sie in Ihrer bisherigen Laufbahn mit Vorurteilen zu kämpfen?
Anfang zwanzig kam ich in die Branche und hatte schnell eine Position mit Verantwortung. Ich hatte oft den Eindruck, dass ich bei Branchenevents für die Sekretärin oder eine Studentin gehalten wurde. Das passiert heutzutage weniger (teils, weil mein Gesicht besser bekannt ist, und teils, weil ich älter bin!), aber ich erinnere mich noch sehr gut, wie es sich angefühlt hat. Es hat mich gelehrt, mit Vermutungen in Bezug auf andere Menschen und mit stereotypischen Schlussfolgerungen vorsichtig zu sein. Ich versuche immer, jeden mit demselben Respekt zu behandeln, egal ob es sich um einen tatsächlichen oder angenommenen „Titel“ handelt.
Wie würden Sie selbst Ihren Führungsstil be- schreiben und was ist Ihnen dabei wichtig?
Ich würde meinen Führungsstil als gemeinschaftlich und emotional intelligent beschreiben. Für mich ist es wichtig, dass ich Menschen Klarheit und eine Richtung geben kann, damit diese den Zusammenhang erfassen können, aber auch Handlungsspielraum und Freiheit, damit sie sich entwickeln und eigenständig das Ziel erreichen können. Ich bin kein Freund von Mikro-Management. Ich finde es besser, wenn Menschen ihr Bestes geben, und hoffentlich inspiriere ich sie dabei.
Wer hat Sie auf Ihrem bisherigen (Lebens-)Weg inspiriert?
Ich glaube, dass ich immer von meinen Eltern inspiriert wurde, von denen ich viel gelernt habe. Insbesondere haben sie mich immer dazu ermuntert, „mein Bestes“ (eher als „das“ Beste) zu geben und damit zufrieden zu sein. Ich denke, dass mich dies zu einer recht pragmatischen Person gemacht hat. Außerdem haben sie mich immer ermutigt, von meinen Fehlern zu lernen, und das ist etwas, was ich jeden Tag tue und was sicherlich eine wichtige Fähigkeit in unserem Beruf darstellt – schlussendlich ist es das, was uns hilft, uns zu verbessern.
Was würden Sie Kolleginnen am Anfang ihrer Karriere mit auf den Weg geben?
Genießt es! Nehmt euch die Zeit, Freund- schaften und Beziehungen zu entwickeln. Habt keine Angst, wenn ihr etwas nicht versteht. Lernt von denen, die schon vorher da gewesen sind, und vor allem: Klemmt euch dahinter. Wartet nicht auf jemanden, der euch sagt, was ihr zu tun habt, sondern zeigt anderen in eurer Organisation (egal ob Boss oder Kollegen), dass ihr genug Interesse habt, die Dinge zu bemerken, die sich ändern müssen, und bereit für zusätzliche Arbeit seid, um diese herbeizuführen. Ihr werdet vielleicht nicht sofort belohnt wer- den, aber ihr werdet es schlussendlich – selbst wenn es das ist, was ihr aus euren Erfahrungen lernt. Zu guter Letzt: Werdet Mitglied in den Branchenverbänden und investiert eure Zeit. Ihr werdet einen unermesslichen Nutzen erhalten, und es wird euch helfen, eure Karriere voranzubringen – seid bloß geduldig und gebt dem Ganzen Zeit.
Aus welchen Vorteilen, die Frauen zugesprochen werden und am Arbeitsplatz von Nutzen sind, sollten wir alle mehr machen?
Frauen besitzen oft ein höheres Maß an emotionaler Intelligenz und Empathie, und ich denke, dass dies einen großartigen Gewinn für jeden Arbeitsplatz darstellt.
Warum reden wir immer noch über Geschlechterungleichheit bei der Arbeit? Und warum scheint dieses Thema jetzt eine so starke Kraft zu haben, vielleicht stärker als je zuvor?
Ich denke, diese Frage stellen sich viele Leute – warum sind diese Probleme so allgegenwärtig und hartnäckig und warum haben wir nach so vielen Jahren immer noch Geschlechterungleichheit? Vielleicht ist ein Grund derjenige, dass es so wenige Frauen in Führungspositionen gibt und folglich die Geschlechterungleichheit einfach für viele Branchen und Organisationen keine Priorität hat.
Warum jetzt?
Alles hat seine Zeit! In der heutigen Welt, in der alles miteinander verbunden und transparent ist, sind solche Ungleichheiten sofort sichtbar und die Leute können schnell aktiv werden. Wenn klar ist, dass die Probleme in den unterschiedlichsten Teilen und in allen Branchen der Welt dieselben sind, dann wird das Ausmaß des Problems gleich klarer – und dass es einer Änderung bedarf.
Möchten Sie anderen etwas aus Ihrem Privat- leben oder Ihrer Karriere mitgeben? Gibt es etwas Bestimmtes, was Sie der Geschäftswelt, Ihrer Familie, dem Unternehmen oder anderen Menschen hinterlassen oder mit dem Sie in Ver- bindung gebracht werden möchten?
Ich versuche nicht, die Welt zu verändern, ich denke jedoch, dass die Industrie dank IMEX ein wenig reicher, erfolgreicher und innovativer ist. In meinem Privatleben versuche ich lediglich zwei Söhne zu guten Menschen zu erziehen, die glücklich sind und andere mit Respekt behandeln. Der Rest wird sich ergeben …