„Meine Erfahrung ist, dass es den meisten Frauen im Job eher um die Sache als um ihre eigene Person geht.“

In der Kategorie Female Leaders stehen Frauen der MICE-Branche im Mittelpunkt. Dieses Mal: Frau Madeleine Marx, General Manager The Westin Hamburg

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Madeleine MArx, General Manager im Westin Hamburg in der Elbphilharmonie. Fotos: Marriott

Beschreiben Sie uns Ihre jetzige Position und den Weg, der Sie dorthin geführt hat.

Ich leite seit 2018 das The Westin Hamburg Hotel in der Elbphilharmonie. Nach einer klassischen Hotelfachausbildung im Vier Jahreszeiten Hamburg bin ich über mehrere Auslandsaufenthalte und nach einem Masterstudium in Hotelmanagement 1987 zu Marriott International gekommen, wo ich im Jahr 2000 nach Erfahrung in mehreren Abteilungen und Hotels dann mein erstes Hotel – das Renaissance Hamburg – als Direktorin übertragen bekam.

Was macht die MICE-Branche für Sie besonders spannend?

Das Besondere am MICE-Geschäft ist für mich die Vielseitigkeit – unterschiedliche Arten und Größen von Veranstaltungen zum einen, die Entwicklung immer neuer Formate zum anderen. Ich arbeite sehr gern mit und für Menschen und das MICE-Geschäft bedeutet ja genau das. Menschen kommen zusammen und tauschen sich aus und in der Hotellerie können wir ihnen den entsprechenden Rahmen bieten.

Wo sehen Sie innerhalb der Branche die größten Hürden für Frauen?

Als führendes Unternehmen im Bereich Vielfalt, Gleichberechtigung und Integration steht bei Marriott International das Engagement für die Förderung von Frauen seit Jahrzehnten im Fokus. Dabei hat die Präsenz von Frauen auf der höchsten Managementebene und in anderen Entscheidungspositionen hohe Priorität. Dass dies auf Unternehmensebene – von „oben nach unten“ und auch von „unten nach oben“ – gelebt wird ist essentiell. Ich glaube, dass wir gerade in der Hotellerie hier schon weiter sind als in anderen Branchen. Aber grundsätzlich denke ich, dass für Frauen die Verfolgung beruflicher Ziele stärker mit der Organisation des Privatlebens kollidiert; und hier fehlt es leider häufig an Förderer*innen/Unterstützer*innen.

Hatten Sie in Ihrer bisherigen Laufbahn mit Vorurteilen zu kämpfen?

Gerade das Thema Vereinbarung von Job und Familie war auch bei mir eine Herausforderung. Hier hatte ich das Glück eines männlichen Mentors und Vorgesetzten, der mir mit 2-jährigem Kind die erste Hoteldirektorinnenstelle übertragen hat. Frauen müssen aber auch aktiv sein, damit eine Win-Win-Situation für Unternehmen und weibliche Führungskräfte entstehen kann. Flexibilität vom Arbeitgeber und auch von der Arbeitnehmerin sind hier gefragt. Parallel muss weiterhin ein Umdenken in der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft stattfinden, damit durch KITA-Betreuung, Home Office, Elternzeit für Väter und dergleichen gute Möglichkeiten geschaffen und problemlos genutzt werden können. Wenn ich an meine Karriereanfänge zurückdenke, sind wir hier schon ein gutes Stück weiter. Es ist traurig, dass Unternehmen mittlerweile per Quote zu ihrem „Frauenglück“ gezwungen werden müssen, denn trotz vieler Versprechen hat sich in den vergangenen Jahren nicht viel getan. Dabei haben Studien schon längst aufgezeigt, dass gemischte Führungsteams zu besseren Unternehmensergebnissen führen. Im The Westin Hamburg bin ich stolz auf mein Hauptabteilungsleiterteam, das neben mir aus drei Frauen und drei Männern besteht.

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Wie würden Sie selbst ihren Führungsstil beschreiben und was ist Ihnen dabei wichtig?

Mit einem Wort: partizipativ. Bei Marriott pflegen wir stets den Grundsatz unseres Gründers Bill Marriott: „People first“. Mir ist wichtig, dass ich Input von meinem Team bekomme und wir gemeinsam entscheiden, welche Wege wir gehen. Dabei profitiere ich von den Jüngeren, die andere Ansichten und Herangehensweisen haben, und diese wiederum profitieren von meiner Erfahrung und meinem Wissen. Darüber hinaus lasse ich meinen Führungskräften ausreichend Freiheit in Entscheidungen und auch im Ausprobieren von neuen Ideen, denn nur so können wir uns weiterentwickeln. Gleichzeitig erwarte ich Verantwortlichkeit von jeder/m für ihre/seine Aktivitäten.

Wer hat Sie auf Ihrem bisherigen (Lebens-) Weg inspiriert?

Inspiriert haben mich auf meinem Weg viele verschiedene Menschen, Frauen wie Männer. Meine Devise war immer, dass ich von anderen übernehme, was für mich positiv war und mir in meiner Entwicklung und für die gute Ausübung meines Jobs geholfen hat. Andererseits habe ich auch immer Dinge, die andere in meinen Augen nicht gut gemacht haben, genauestens analysiert, um diese Fehler später einmal nicht selbst zu machen. Besonderen Respekt habe ich für all die Frauen, die in der Vergangenheit trotz widriger Umstände eisern für die Gleichstellung der Frauen gekämpft haben. Dies empfinde ich auch als Verantwortung, hier selbst meinen Beitrag zu leisten. Zum Beispiel habe ich im The Westin Hamburg eine Hauptabteilungsleiterin mit 6 Monate altem Kind eingestellt. Es ist mir sehr wichtig, dass dies gut funktioniert und für andere junge Frauen aufzeigt, dass Kind und Karriere auch in unserer Branche gut umsetzbar ist.

Was würden Sie Kolleginnen am Anfang ihrer Karriere mit auf den Weg geben?

„Steht Eure Frau (nicht Mann) und seid mutig“. Baut ein gutes Netzwerk auf. Verfolgt Eure Ziele und bleibt flexibel, denn manchmal führt ein gefühlter Umweg sogar besser zum Ziel.

Welche positiven Eigenschaften besitzen Frauen am Arbeitsplatz, aus denen wir alle mehr machen sollten?

Meine Erfahrung ist, dass es den meisten Frauen im Job eher um die Sache als um ihre eigene Person geht. Sie packen Dinge an ohne selbst im Vordergrund stehen zu wollen. Außerdem haben sie oft eine ausgleichende und vermittelnde Art, mit der ein besseres Geben und Nehmen erreicht werden kann. Auf jeden Fall bin ich aber eine starke Verfechterin von gemischten Teams, denn in der Vergangenheit habe ich sowohl nur männliche als auch nur weibliche Teams erlebt und beides war nicht optimal. Die gute Mischung wäre für mich eine wichtige Voraussetzung für gutes Teamwork.

Warum, glauben Sie, reden wir immer noch über Geschlechterungleichheit bei der Arbeit? Und warum, glauben Sie, entwickelt das Thema heute so eine Dynamik, vielleicht mehr als jemals zuvor?

Ich glaube, dass die Frauen über die letzten Jahrhunderte sehr viele Fortschritte gemacht haben, aber das ist zum einen noch nicht überall auf der Welt so und zum anderen ist es ein langer Weg. Allein, dass die Einführung des Frauenwahlrechts über 100 Jahre gedauert hat und dass es erst in den 1970er Jahren in Deutschland abgeschafft wurde, dass die Ehefrau die Erlaubnis ihres Ehemannes haben musste, um arbeiten zu dürfen, zeigt wie langwierig der Prozess ist. Heute haben wir wohl den Punkt erreicht, an dem Gleichstellungsthemen exponentiell weitergebracht werden können, denn ohne uns Frauen wäre die Wirtschaft ja gar nicht mehr denkbar, geschweige denn erfolgreich.