An Ratschlägen zum Thema digitale Transformation mangelt es nicht. Aber wie fühlt es sich an, wenn es einen wirklich kalt erwischt? Im Nachhinein würden wir sagen: wie eine Ice-Bucket-Challenge vor dem wärmenden Kamin im heimischen Wohnzimmer. Denn überaus behaglich fühlte sich das Jahr 2020 zunächst tatsächlich für uns an. Zumindest zu Beginn: Das Veranstaltungsgeschäft lief planmäßig, und noch in den ersten Wochen gelang es uns, das gesamte Kongressgeschäft von Wolters Kluwer Deutschland zu übernehmen – vier Kongressbereiche mit 13 Veranstaltungen. Was für ein Auftakt! Doch dann, spätestens zum Ende des ersten Quartals, bekamen wir, die gesamte Event-Branche, den Kübel über den Kopf gezogen: eine nach der anderen Veranstaltung wurde abgeblasen.
Wie hatte der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt nochmal gesagt? „Wenn anderen heiß wird, werd‘ ich kalt. Wenn andere kalt werden, wird ich eiskalt“. Genau solche ‚Kaltschnäuzigkeit‘ war jetzt vonnöten. Rückblickend hat uns diese Phase drei wesentliche Dinge gelehrt:
- Es braucht einen extrem hohen Leidensdruck, damit eine Transformation gelingt
- Ohne hohes unternehmerisches Risiko geht es nicht
- Transformation lässt sich nicht delegieren
Was haben wir gemacht? Zunächst eine Statusanalyse: Das herkömmliche Veranstaltungs- und Kongressgeschäft wird in der Form nicht wieder zurückkehren, der Trend zum Digitalen ist auch im Eventgeschäft unumkehrbar. Sicher, die Leute sehnen sich nach einem direkten, persönlichen Austausch, jede Branchenveranstaltung hat auch immer den Charakter eines Klassentreffens; das lässt sich durch reine Online-Events nicht 1 zu 1 substituieren. Wir sind nun mal organische Wesen. Doch Interaktion, Austausch, Kontakte, Wissensvermittlung und Präsentation der eigenen Produkte und Dienstleistungen – das geht auch über die digitalen Kanäle gut, in viele Aspekten sogar viel besser: Sich mal eben dazuschalten, egal wo man sich befindet. Kein Risiko, keine Reisekosten. So lässt sich in Branchen und Bereiche reinschnuppern, für die man sich sonst nie auf den Weg gemacht hätte.
Richtig gute virtuelle Events werden zu noch besseren analogen Veranstaltungen führen. Das wurde uns sofort klar.
Doch um hier mitzuspielen muss investiert werden: entweder in eine Whitelabel-Lösung, über die Events in den digitalen Raum transformiert werden, oder eben in ein selbst entwickeltes Tool. Wir entschieden uns für die zweite, aufwändigere Variante: eine Eigenentwicklung. Warum? Tools für digitale Veranstaltungen – das ist vergleichsweise noch Neuland. Und so ist xircus entstanden. Wir sind Veranstalter mit dem Ziel, Menschen zusammenzubringen, damit sie Geschäfte betreiben, sich vernetzten und lernen. Dabei hatten wir konkrete Vorstellungen, die wir bis dahin mit keinem bestehenden Tool erfüllen konnten.
Also der eigene Weg: Mitten in der größten Krise der Veranstaltungsbranche stellten wir mehr als 20 neue Mitarbeiter:innen ein und vergrößerten unser Team damit auf über 50 – ein Zuwachs von mehr als die Hälfte. Alle im Homeoffice. Bis heute hat sich das gesamte Team noch nie persönlich getroffen. Und das für ein Truppe wie unsere, für die dieser „echte“ Kontakt im Mittelpunkt des Handelns steht. Wir engagierten erfahrene IT- und Change-Management-Experten, die die Entwicklung unserer Plattform vorantrieben und dabei das Wohl und Wehe des Teams nicht aus dem Blick verloren. Knapp ein halbes Jahr tüftelten wir mit Hochdruck daran, ein gut siebenstelliges Budget haben wir seitdem investiert, und dann im Herbst 2020 war es soweit: unsere eigene digitale Live-Plattform xircus (https://www.xircus.com/) war startklar. Schon in der Beta-Phase können wir digitale bzw. hybride Events kreieren, die die typische Fleet-Events-DNA beinhalten. Veranstaltungen wie der Deutsche Schulleiterkongress DSLK und der Deutsche Ausbildungsleiterkongress DALK sind hierüber schon erfolgreich über die Bühne gegangen. In der ersten Jahreshälfte kamen bzw. kommen u.a. die PHOTONICS+, die Intergastra, die Babywelt oder auch die didacta digital hinzu.
Was haben wir in der Krise gelernt?
Die Transformation ist ongoing und sie erfordert hohe Flexibilität sowie diverse Schlüsselkompetenzen – nicht nur im technischen Bereich. Es gibt nicht diese eine technische Lösung für alle Event-Probleme; vielmehr wird auch in Zukunft jeder Erfolg maßgeblich von den Köpfen abhängen, die diese Technologien sinnvoll und kreativ einsetzen. Aber diese enge Vernetzung aller Kompetenzen innerhalb eines Unternehmens ist eine perfekte Basis, um die komplette Klaviatur beherrschen zu lernen und laufend anzupassen.
Fleet Events glaubt weiterhin an den Erfolg von on-site Events und wird seine erfolgreichen Veranstaltungsreihen fortsetzen. Gleichzeitig sind wir fit für die digitale Gegenwart und in der Lage, hybride und komplett digitale Events nicht nur technisch, sondern auch inhaltlich zu konzipieren und durchzuführen. Es ist die wohl tiefgreifendste Veränderung unserer Branche überhaupt und schon alleine deswegen eine intensive, aufregende Zeit.
Die Corona-Krise hat uns beigebracht: Um den Kampf gegen die Krise zu gewinnen, müssen die Unternehmen gar nicht kämpfen, sondern zuhören, sich anpassen und verändern. Das erfordert Mut, Entschlossenheit und Investitionsbereitschaft.